Kausalität
Kausalität ist in Hartmanns Ontologie eine besondere Form der Determination. Zusammen mit den Kategorien der Wechselwirkung und Gesetzlichkeit macht Kausalität als realnotwendige, produktive Folge die Determination der anorganischen Natur aus. Besonders charakteristisch für Hartmanns Auffassung - gerade auch im Hinblick auf seine Freiheitstheorie -, ist sein Versuch, Kausalität als überformbar durch die höheren Formen der organischen und finalen Determination herauszustellen. An der strikten Geltung des Kausalprinzips hat Hartmann, trotz des Indeterminismus der Quantenphysik, ebenso festgehalten wie an seinem auf Meinong aufbauenden Modalbeweis des Determinismus. Hartmann hat seine Kausalitätstheorie in erster Linie in Auseinandersetzung mit den erkenntnistheoretischen Konzeptionen Kants und der Neukantianer entwickelt. Obwohl nur schwer zu beurteilen ist, inwieweit auch positivistische Positionen dabei eine Rolle gespielt haben, soll die Stellung von Hartmanns Theorie im zeitgenössischen Kontext im Folgenden nicht nur durch Vergleiche mit den Neukantianern Cohen, Natorp und Cassirer, sondern auch mit den Positivisten Mach und Schlick untersucht werden.
6.1. Positivismus
6.1.1. Ernst Mach
Mach hat sich in seinen beiden Schriften Die Analyse der Empfindungen (1886) und Erkenntnis und Irrtum (1905) auch zum Kausalitätsproblem geäußert, wobei er eine an der empiristischen Tradition orientierte Kritik des Kausalbegriffs geliefert hat. Obwohl Mach seine Auffassung fast marginal entwickelt, war sie zu Beginn unseres Jahrhunderts ziemlich einflussreich und dürfte Hartmann bekannt gewesen sein.
In den fortgeschrittenen Naturwissenschaften spielt nach Mach der Kausalbegriff eine zunehmend geringere Rolle. Sobald es einmal gelungen sei, die Elemente bestimmter Ereignisse durch messbare Größen zu charakterisieren, lasse sich die Abhängigkeit der Elemente voneinander durch den Funktionsbegriff vollständiger und präziser darstellen als durch die vagen Begriffe von Ursache und Wirkung. Mach betont auch den Gegensatz der funktionalen Auffassung zu den herkömmlichen Begriffen von Ursache und Wirkung. Während Ursache und Wirkung eine lineare Ordnung in der Zeit bilden, ist die funktionale Abhängigkeit von Elementen wechselseitig, simultan und vertauschbar. In dieser funktionalistischen Auffassung erblickt Mach zugleich den verallgemeinerten Substanz- und den geläuterten Kausalbegriff. Daher schlägt er vor, den Ursachenbegriff durch den Funktionsbegriff ganz zu ersetzen. (vgl. Mach 1886, S.64; Mach 1905, S.277f, 282) – Während Mach an Hume anknüpft, ist Hartmann vor allem an Kant orientiert. Ganz im Sinne dieser Orientierung ist Hartmann weit davon entfernt, den Kausalbegriff auf den Begriff der Gesetzlichkeit oder auf den Funktionsbegriff zu reduzieren. Ganz im Gegenteil ist er sogar der Meinung, dass Gesetzlichkeit und Kausalität zwei sich ergänzende, koordinierte Kategorien sind.
Mach wehrt sich zwar dagegen, den Kausalbegriff als einen Verstandesbegriff im Sinne Kants zu fassen, doch ist er grundsätzlich bereit, eine Disposition zu kausaler Deutung als angeboren zu betrachten. Daher betont er (im Anschluss an Hume), dass der Mensch die instinktive Neigung habe, überall nach Gesetzmäßigkeiten zu suchen und für jedes unerwartete Ereignis eine Ursache vorauszusetzen. Gleichwohl betont er, dass es eine Sache der empirischen Forschung sei festzustellen, was angeboren sei. (vgl. Mach 1905, S.277, 280) - Zu einer offenen genetischen Deutung des Apriori hat sich erst der späte Hartmann durchgerungen, ohne freilich die spezielle These einer angeborenen Disposition zu kausaler Deutung der Welt zu vertreten.
Nach Mach wird die instinktive Erwartung von Beständigkeiten zur methodologischen Voraussetzung wissenschaftlicher Forschung. Erforschbarkeit einer Sache setzt deren Beständigkeit voraus, und Beständigkeit liegt in den (durch mathematische Gesetze beschreibbaren) gegenseitigen Abhängigkeiten der Elemente voneinander. Nach Mach ist der Determinismus daher die Voraussetzung aller Forschung. Bewiesen wäre der Determinismus zwar erst nach Abschluss der Wissenschaften, also wenn alle Aspekte der Realität in deterministischen Theorien erfasst wären, aber als Forscher sei man notwendig Determinist. Selbst die nur mit Wahrscheinlichkeitsgesetzen arbeitende Statistik setzt nach Mach den Determinismus voraus. Was als Zufall erscheine, sei eben nur durch die Komplexität der Umstände verdeckte Regeln. (vgl. Mach 1905, S.282f) - Das Festhalten am Determinismus teilt Hartmann mit Mach ebenso wie die Überzeugung, dass der Determinismus die Voraussetzung von Statistik und wissenschaftlicher Forschung überhaupt ist. Anders als Mach glaubte Hartmann jedoch, den Determinismus philosophisch beweisen zu können.
6.1.2. Moritz Schlick
Schlick deutet Kausalität in seiner Allgemeinen Erkenntnislehre (1918) als Determinismusprinzip. Der Inhalt des Kausalprinzips, dass jedes Ereignis eine Ursache hat, ist für ihn gleichbedeutend mit der Behauptung einer durchgehenden Gesetzmäßigkeit allen Geschehens, da eine Ursache stets eine allgemeine Regel voraussetzt. (vgl. Schlick 1918, 420f) - Die elementare begriffliche Einsicht, dass der Begriff der Ursache den Begriff des Gesetzes voraussetzt, hat Hartmann sich nicht zu eigen gemacht, wenn er Kausalität und Gesetzlichkeit als zwei verschiedene Kategorien behandelt und zudem noch glaubt, beide auf die anorganische Natur begrenzen zu können.
Humes Kritik der notwendigen Verknüpfung zwischen Ursache und Wirkung stimmt Schlick völlig zu. Die Idee der Notwendigkeit ist für ihn kein wesentlicher Bestandteil des Kausalbegriffs, und die ganze sich darauf aufbauende Kritik Kants ist daher irrelevant. (vgl. Schlick 1918, 422) - Im Gegensatz zu Schlick hält Hartmann (mit Kant) an der Idee der Notwendigkeit als unverzichtbarer Komponente des Kausalbegriffs fest.
Entgegen dem älteren Positivismus, aber durchaus im Einklang mit dem Neukantianismus hat Schlick die unverzichtbare konstruktive Funktion des Denkens anerkannt. Den Inhalt des Kausalprinzips sieht er in der Behauptung eines lückenlosen, gesetzmäßigen Zusammenhangs der realen Ereignisse, dessen nicht wahrgenommene Zwischenglieder gedanklich ergänzt werden müssen. Die Reduktion wissenschaftlicher Theorien auf das bloß Wahrgenommene sei daher undurchführbar. Halte man jedoch an der positivistischen Reduktionsidee fest, dann sei man dazu gezwungen, entweder die Idee der allgemeinen Gesetzmäßigkeit der Natur (Determinismus) oder die transzendente Realität des Gegenstands der Erkenntnis (Ding an sich) zu leugnen. Um zugleich Determinist und Realist sein zu können, dürfe Erkenntnis daher nicht auf die bloße Beschreibung der wahrgenommenen Elemente beschränkt werden. (vgl. Schlick 1918, 250f) Schlick wendet sich auch gegen den Versuch, den Kausalbegriff ganz im Funktionsbegriff aufgehen zu lassen. Kausalität ist für ihn eine Relation zwischen realen Ereignissen, also eine gesetzmäßige zeitliche Folge und keine simultane Abhängigkeit. Die funktionalistische Auffassung Machs kritisiert Schlick als zweideutig, insofern funktionale Abhängigkeiten ebenso zwischen realen wie zwischen begrifflichen Zusammenhängen bestehen könne. (vgl. Schlick 1918, 114, 251) - Mit dieser Kritik Schlicks am älteren Positivismus stimmt Hartmann in allen wesentlichen Punkten überein. Determinismus und Realismus sind wesentliche Elemente seiner Ontologie, und er teilt die Überzeugung, dass Realitätsannahmen nicht völlig von der Wahrnehmbarkeit abhängig gemacht werden dürfen. Auch die Idee, Kausalität auf bloß funktionale Abhängigkeit zurückzuführen, liegt ihm völlig fern.
Der Kausalitätsbegriff muss nach Schlick von der alten Idee, dass nur Gleichartiges aufeinander wirken könne, befreit werden. Einen richtigen Teilaspekt der funktionalen Auffassung Machs sieht er daher darin, dass es nur die (durch Gesetze ausgedrückte) Abhängigkeit von Elementen voneinander überhaupt ankomme, wobei es ganz gleichgültig sei, um welche Elemente es sich dabei handele. Selbst wenn man Physisches und Psychisches als verschiedene Bereiche der Realität akzeptiere (was Schlick jedoch nicht tut), gäbe es keinen Grund, eine Kausalrelation zwischen ihnen zu bestreiten. (vgl. Schlick 1918, 337) - Auch Hartmann hat sich von dem Dogma, dass nur Gleichartiges aufeinander wirken könne, befreit, wenn eine psychophysische Wechselwirkung als schlichtes Phänomen akzeptiert - unabhängig davon, wie weit sie begreiflich ist. Während Schlick jedoch diese Auffassung als richtige Komponente der funktionalistischen Auffassung betrachtet, ist dies bei Hartmann mehr eine Sache des Respekts vor den Phänomenen.
Das Kausalprinzip ist nach Schlick eine empirisch überprüfbare Hypothese. Da die moderne Physik empirisch begründete Zweifel an seiner allgemeinen Geltung vorbringe, könne es kein synthetisches Urteil a priori im Sinne Kants sein. Andererseits habe das Kausalprinzip in der empirischen Wissenschaft jedoch nicht die Funktion einer bloßen Konvention. Schlick hält freilich die von der Physik ausgehenden Zweifel noch nicht für ausreichend, um den Determinismus preiszugeben. (vgl. Schlick 1918, 421f, 423) - Wenngleich Hartmann wie Schlick am Determinismus festhält, markiert doch sein modalontologischer Beweis des Determinismus den entscheidenden Unterschied zu Schlick. Hartmann denkt hier noch ganz im Fahrwasser der (von ihm in anderen Zusammenhängen abgelehnten) rationalistischen Metaphysik.
6.2. Neukantianismus
6.2.1. Hermann Cohen und Paul Natorp
Die von Mach propagierte Ersetzung des Kausalbegriffs durch den Funktionsbegriff haben in ähnlicher Form auch die Marburger Neukantianer vertreten. Der entscheidende Unterschied besteht dabei darin, dass sie psychologische oder gar biologische Interpretationen des Kausalbegriffs, wie sie bei den Positivisten zu finden sind, strikt zurückweisen. Für sie ist die Kausalität eine Kategorie des reinen Denkens, die zur Deutung (bzw. Konstituierung) des gesetzmäßigen Zusammenhangs der Phänomene dient.
Das Problem der Kausalität behandelt
Cohen in seiner Logik der reinen Erkenntnis (1902) in dem Kapitel „Das Urteil des Gesetzes“. Bereits in diesem Titel kommt seine Grundidee klar zum Ausdruck: Die Kategorie der Kausalität hat ihren logischen Kern in den Kategorien von Gesetz und Funktion (die er im Wesentlichen identifiziert). Solange die Diskussion des Kausalproblems noch mit theologischen Fragen verknüpft war, konnte es nach Cohen nicht zur Ausbildung des Gesetzesbegriffs kommen. In seiner schwerverständlichen Art verfolgt Cohen die Herausbildung des Funktionsbegriffs in der Geschichte des wissenschaftlichen und philosophischen Denkens, wobei er vor allem dem Kraftbegriff bei Leibniz sowie dem Problem der Bewegung eine wichtige Rolle in diesem Entmythologisierungsprozess zubilligt. (vgl. Cohen, S.262ff) Freilich sind diese Ausführungen, die u.a. die „Erhaltung der Substanz in der Bewegung“ als Leistung der Kausalitätskategorie behaupten, derart unklar - insbesondere durch den permanenten Wechsel zwischen Objekt- und Metaebene -, dass sie hier übergangen werden müssen. (vgl. Cohen, S.284ff) Soviel wird aber immerhin klar, dass die Leistung der Kausalität darin bestehen soll, eine gesetzmäßige Realität gedanklich zu setzen. Der entscheidende Fortschritt in der Kategorie des Gesetzes besteht nach Cohen darin, dass die mit dem herkömmlichen Begriff der Kausalität verknüpfte Idee eines äußeren Stoßes (oder einer äußeren Macht) aufgegeben wird. Der Funktionsbegriff sei daher frei von der falschen Vorstellung, als rühre die Abhängigkeit zwischen zwei Größen von einer äußeren Macht her. Freilich wird dabei nicht klar, ob Cohen damit nur den Begriff der Notwendigkeit oder auch die Idee der Verursachung - Hartmanns Hervorbringen - selber ablehnt. Der Schein eines äußeren Eingriffs soll jedenfalls überwunden werden, wenn der Kausalbegriff durch den Funktionsbegriff ersetzt wird. (vgl. Cohen, S.260ff, 285) Eine Funktion ist daher nach Cohen (im Anschluss an Leibniz) das Gesetz der gegenseitigen Abhängigkeit zwischen zwei Größen. Cohen legt dabei großen Wert auf die These, dass durch den Funktionsbegriff der Schein der Selbständigkeit der Glieder der Funktion aufgehoben wird, weil er darin eine Bestätigung des logischen Idealismus sieht. (vgl. Cohen, S.278f) - Für Hartmann läuft die Wissenschafts- und Philosophiegeschichte keineswegs auf die Ersetzung des Kausalitäts- durch den Funktionsbegriff hinaus, vielmehr behandelt er Kausalität und Gesetzlichkeit als zwei verschiedene Kategorien. Auch wenn diese eigenwillige Unterscheidung Hartmanns problematisch ist, bedeutet seine Fassung des Kausalbegriffs als notwendiger und produktiver Folge eine klare Distanzierung vom neukantianischen Funktionalismus. Eine zentrale Kritik Hartmanns an der neukantianischen (aber auch positivistischen) Ersetzung des Begriffs der Kausalität durch den Funktionsbegriff liegt vor, wenn er sich gegen die Absurdität des leeren Relationalismus wendet, der zuletzt nur Relationen von nichts übrig behalte.
Natorp hat sich sowohl in seinem Werk Die logischen Grundlagen der exakten Wissenschaften (1910) als auch in seiner kleinen Schrift Philosophie. Ihre Problem und ihre Probleme (1911) mit dem Kausalproblem befasst. Dabei schließt er sich in dem Aufbau seiner Untersuchungen eng an die Systematik Kants an und diskutiert das Kausalitätsproblem im Rahmen der Kategorien der Relation. Relation ist das Prinzip der gesetzmäßigen Abhängigkeit zwischen mehreren Größen und läuft damit auf den Begriff der Funktion hinaus. Kausalität ist dagegen die Kategorie, durch die die Ordnung der zeitlichen Reihenfolge von Ereignissen gedacht wird, und Wechselwirkung ist das Prinzip der gesetzmäßigen Verknüpfung des Simultanen. (vgl. Natorp 1910, S.67; Natorp 1911, S.50f) Kausalität und Wechselwirkung drücken damit nach Natorp nur zwei Seiten derselben Sache aus. Im Übrigen ist für Natorp die Geltung des Kausalprinzips noch kein ernsthaftes Problem, da nach seiner Ansicht jeder das Determinismusprinzip als selbstverständlich voraussetzt. (vgl. Natorp 1910, S.79f) - Während Natorp Kausalität als gesetzmäßige Folge fasst, hat Hartmann nicht nur die Idee der Notwendigkeit als Komponente des Kausalbegriffs ausdrücklich anerkennt, sondern den Kausalbegriff sogar ohne des Gesetzesbegriff zu fassen versucht. Gegenüber der Identifikation von Kausalität und Gesetzlichkeit bei Cohen (und Mach) ist Hartmann damit gewissermaßen ins andere Extrem verfallen. Außerdem weist Hartmann die idealistische Ausdeutung der funktionalistischen Auffassung nachdrücklich zurück. Sein Realismus markiert die grundlegende Differenz zum logischen Idealismus, während er in der Anerkennung des Determinismus mit seinen Marburger Lehrern übereinstimmt.
6.2.2. Ernst Cassirer
In seiner Schrift Determinismus und Indeterminismus in der modernen Physik (1936) hat Cassirer versucht, den logischen Idealismus an die moderne Physik anzupassen. Anders als Cohen und Natorp, aber auch anders als Hartmann zeigt Cassirer sich gegenüber dem Indeterminismus der neuen Physik als konzessionsbereit.
Cassirer betrachtet Humes und Kants Analysen des Kausalitätsproblems als bleibende Errungenschaften der neuzeitlichen Erkenntnistheorie. Während Hume dem Kausalprinzip seine ontologische Grundlage entzogen habe, indem er das Wirkliche als Perzeption begriffen habe, habe Kant durch seine kopernikanische Wende das Kausalprinzip zu einer transzendentalen Bedingung der Erfahrungserkenntnis gemacht. Der kritische Determinismus Kants muss damit nach Cassirer als ein Prinzip der empirischen Begriffsbildung verstanden werden. Das Kausalprinzip mache keine Aussage über das metaphysische Wesen der Dinge, sondern postuliere, dass die Phänomene der Natur einer unbegrenzten Ordnung fähig seien. (vgl. Cassirer 1936, S.148ff, 151ff, 161) Das Kausalprinzip bringe also keine neue inhaltliche Einsicht in die empirische Realität, sondern formuliere nur die methodologische Regel, dass die empirischen Wissenschaften unbegrenzt nach neuen und allgemeineren Gesetzen suchen sollen. Das Kausalprinzip ist daher nach Cassirer ein Postulat bzw. ein regulatives Prinzip des empirischen Denkens. (vgl. Cassirer 1936, S.195ff) Diese methodologische Deutung des Kausalprinzips grenzt Cassirer auch gegen die positivistische Gleichsetzung von Kausalität und Voraussagbarkeit ab. Zwar sei Voraussagbarkeit ein Kriterium von Kausalität, aber der Kausalbegriff reduziere sich nicht auf Voraussagbarkeit. Diese Fehldeutung entspringe dem Bestreben, die Bedeutung von Begriffen über ihren Gebrauch zu definieren. (vgl. Cassirer 1936, S.200ff) - Während Cassirer mit seiner methodologischen Deutung des Kausalprinzips sich als Vertreter des logischen Idealismus der Marburger erweist, ist Kausalität bei Hartmann eine spezielle Form der ontologischen Fundamentalkategorie der Determination. Wie bei Kant, aber anders als bei Cassirer, hat Kausalität bei Hartmann keine bloß regulativ-methodologische Funktion, sondern sie ist eine konstitutive, a priori gültige Kategorie. Auf die positivistische Idee, den Kausalbegriff auf den Begriff der Voraussagbarkeit zu reduzieren, konnte Hartmann schon deshalb nicht verfallen, weil er Kausalität und Gesetzlichkeit als verschieden verstand.
Obwohl Cassirer mit seiner methodologischen Fassung des Kausalprinzips als gesetzmäßiger Bestimmbarkeit der Natur mit Kant ganz übereinzustimmen glaubt, distanziert er sich doch von Kants striktem Determinismus. In seinem Vertrauen auf die Euklidische Geometrie und die Newtonsche Physik zeige sich gerade Kants Zeitgebundenheit. Die moderne Physik habe demgegenüber die rationalen Elemente zwar nicht aufgegeben, aber doch anders definiert. Entgegen Kant sei die allgemeine begriffliche Struktur nicht als ein für allemal festgelegt. Auf ein festes inhaltliches Apriori müsse daher verzichtet werden. Ein Apriori gebe es nur noch im Methodischen. (vgl. Cassirer 1936, S.210ff) Die Quantenphysik macht es nach Cassirer unmöglich, weiterhin an strikter Determination als einziger fundamentaler Determinationsform festzuhalten. Es stehen nunmehr deterministische und statistische Gesetze als fundamentale Naturgesetze gleichberechtigt nebeneinander. Dieser Dualismus von Gesetzen ist nach Cassirer unvermeidlich, wenn man an dem Ziel der Naturwissenschaften festhält, das Naturgeschehen so vollständig wie möglich zu bestimmen. (vgl. Cassirer 1936, S.227ff, 246ff, 264) Damit erweitert sich nach Cassirer das Kausalprinzip zu einer allgemeinen, deterministische und statitische Gesetze umfassenden Forderung nach Gesetzlichkeit überhaupt. In diesem verallgemeinerten Sinne glaubt er allerdings, an der transzendentalen Deutung des Kausalprinzips auch angesichts der Quantenphysik festhalten zu können. Keine Naturwissenschaft verzichte darauf, Gesetze überhaupt suchen. (vgl. Cassirer 1936, S.257ff, 268) Die anscheinende „Krise der Kausalität“ rührt nach Cassirer daher, dass der Kausalbegriff durch die klassische Physik so eng mit dem Begriff der Kontinuität verknüpft gewesen ist, dass das Phänomen der Quantensprünge wie eine Auflösung der Kausalität erscheinen konnte. Die eigentliche Schwierigkeit der Quantentheorie besteht für ihn jedoch in dem Konflikt zwischen Denken und Anschauung. Der Übergang zum Gegenstandsbereich der Mikrophysik habe einen tiefen Wandel im Gesetzesbegriff und in den allgemeinen Denkformen notwendig gemacht, insbesondere die Forderung der Stetigkeit des Naturgeschehens müsse fallen gelassen werden. Kausalität sei daher nur noch als allgemeine Gesetzlichkeitsforderung überhaupt aufrecht zu erhalten. (vgl. Cassirer 1936, S.315ff, 345) - Cassirers Versuch, Kants Position der modernen Physik anzupassen, hat bei Hartmann keine Parallele. Indem er trotz der Quantenphysik an den Prinzipien der Kausalität (und Substanz) als a priori gültiger Prinzipien der Realität festhält, erweist er sich darin als strengerer Kantianer als Cassirer - allerdings als ein ontologisch gewendeter Kantianer.